
Die meisten werden aus der (mehr oder weniger lang zurückliegenden) Schulzeit John Steinbecks Geschichte Of Mice and Men - Von Mäusen und Menschen kennen. Starten wir mal mit den Menschen (die Kuh schließt den Reigen ;-)
Jim Sterne eröffnete den eMetrics Marketing Optimization Summit, der wieder parallel zur SMX in München stattfand (
siehe recap Tim Schmid), in gewohnt brillanter Manier mit seiner Keynote „The Human Side of Web Analytics“. Jim Sterne ist einer der Gründungspräsidenten der Web Analytics Association (WAA) und Gründer des weltweiten eMetrics Marketing Optimization Summit. Er hob in mehrfacher Hinsicht auf den menschlichen Faktor ab:
- Es bedarf erfahrener und kreativer Analysten, die aus den Myriaden an Daten und bunten Grafiken, die moderne Tools ausspucken, echte Erkenntnisse entwickeln, aus denen dann auch praktische Maßnahmen abgeleitet werden können.
- Außerdem sei es entscheidend, den kommunikativen Aspekt zu bedenken: wie kommuniziere ich mit wem in adäquater und damit erfolgversprechender Weise? Menschen funktionieren als soziale Wesen über Geschichten, „it’s ‘about telling stories“. Ich muss Menschen fesseln können, ich muss ihnen in ihrer Sprache verständlich machen können, warum welche Daten für sie relevant sind. Das funktioniert effektiver, wenn man die Perspektive des anderen einnimmt und diesen mit der genau richtigen Menge im für ihn richtigen Format versorgt und ihn nicht mit unverdaulichen Datenbergen überschüttet:
„Think of data like food. Too little leads to malnutrition, too much leads to indigestion. Too bland is boring. Too rich leads to a mad-dash to the bathroom.”
Im persönlichen Gespräch erzählte er mir von einer Begegnung mit einem Kulturanthropologen, der ihn zu einer Folie inspirierte, die auf humorvolle Art genau das Problem der verschiedenen Sprachen verdeutlicht: Der Online Marketer versteht nur bla bla bla, während der Analyst nicht merkt, dass sein Jargon nicht verstanden wird. Genau das gilt es zu vermeiden, wenn man die Web Analyse erfolgreich in Unternehmen etablieren will.

Dies lässt auch an
Avinash Kaushiks gern zitierten Ausspruch vom „Reporting Squirrel“ denken. Ein guter Analyst arbeitet nicht einfach Anfragen ab, sondern sollte den Auftraggeber vielmehr bitten, die eigentlich interessierende „Business Question“ zu stellen. So wird es dem Analysten überlassen, die Übersetzung in „Web Analytics Sprech“ und entsprechende Metriken zu leisten und dem Gegenüber sinnvolle Information zu liefern.
Jim Sterne gelang es wie gewohnt, die Zuhörer in seinen Bann zu schlagen und mit Anekdoten aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz und Denkanstößen auf intelligent-humorvolle Weise zu begeistern.
Kurz aufgreifen möchte ich einen interessanten Vortrag von
Michael Witzenleiter und Dominik Multhaupt von Burda Direct interactive, die sehr detailliert mit Daten untermauert beschrieben, wie sie Business Analytics- und Web Analytics Daten zusammenführten. Ihnen gelang es, für die Website valentins.de die Wiederkäuferrate unter anderem dadurch zu steigern, dass sie gezielt E-Mail Marketingmaßnahmen auf den besten Zeitabstand zum Erstkauf anpassten. Auch die Entwicklung einer iPhone App war von großem Erfolg gekennzeichnet, wenn man die zweistelligen Conversionrates heranzieht oder auch das Ergebnis, dass die Käufer via App 20 % mehr Umsatz generierten als herkömmliche Online Käufer. Für meine Kollegen und mich wie auch für die Vortragenden selbst war überraschend, dass 35% der User ihr Adressbuch importierten und sich Push Nachrichten schicken ließen, was für ein so anlassbezogenes Business wie valentins von entscheidendem Vorteil ist.
Überzeugend war auch das dynamische Ausspielen der Landing Pages abhängig vom Referrer: Wurde die verweisende Seite als vornehmlich von Männern besuchte Seite eingestuft, standen Produkte rund um Bier auf der Landing Page parat, für Frauen standen Blumen im Vordergrund.
Klaus Johannes Rusch, seines Zeichens
Manager im Bereich Global Web Services – Web Effectiveness bei IBM gab einen Einblick in die Arbeit bei einem Global Player. Neben dem sehr strukturierten Vorgehen exemplarisch verdeutlicht am sogenannten „Value Map Approach“ seiner Kollegin Kimberley Stegner, möchte ich das Raunen erwähnen, das durch die Zuschauerreihen ging, als er berichtete, dass seine Kollegen bei IBM nur Zugang zum Web Analyse System bekommen, nachdem sie in einem Test nachgewiesen haben, dass sie über die notwendige Qualifikation verfügen.

Eine wirklich lebendige Vorstellung gab auch
Vicky Brock aus Schottland von der Firma
Highland Business Research, die über das Thema User Experience und sinnvolle Segmentierung referierte. Schlagwortartig griff sie auf, was letztlich entscheidend sei: Gain, save, inform, und love:
- Gain (more money, more leads)
- Save: reduce wastage, cut poor performance
- Inform: sowohl die Website Besucher als eben auch intern Verantwortliche
- Love: verbessern der Customer Experience
Damit betont sie
Jim Sternes Credo vom letzten Jahr, die Web Intelligence Daten in Business Value zu übersetzen. Denn übergeordnete Ziele gestalten sich so:
- Steigern des Revenues
- Senken von Kosten
- Erhöhen der Nutzer bzw. Kundenzufriedenheit
Wert legte Vicky Brock auch auf die Haltung, nicht einfach Seiten zu verbessern, sondern ganz klar die verbesserte User Experience und damit den Menschen im Fokus zu haben.
In der sich anschließenden Diskussion wurde sie für ihre kreative Herangehensweise bewundert. Sie erhob zum Beispiel bei einem Reiseveranstalter im Rahmen des Buchungsprozesses wie groß der zeitliche Abstand zwischen Buchungsdatum und eigentlichem Reisedatum ist. So konnte sie feststellen, dass sogenannte high value customer - festgemacht am durchschnittlichen Warenkorbwert - einen größeren Abstand zwischen den zwei Daten aufwiesen. Dieses Wissen konnte zusätzlich genutzt werden, um weitere Produkte passend zur gebuchten Reise (Loch Ness Tour :lol: ) zu promoten.
Ale Agostini (Managing Director EU, Bruce Clay) stellte seine Bemühungen dar, den Erfolg von Radio Werbung, die den Aufbau von Brand Awareness zum Ziel hatte, (indirekt) über Web Analyse Maße abzubilden. Auch wenn er sich vereinzelt Kritik gefallen lassen musste ob der eindeutigen Interpretierbarkeit der gewählten Daten, kam sein Vortrag gut an.
Auch dem Thema
Social Media wurde Platz eingeräumt:
Mark Pohlmann selbst Inhaber einer Social Media Agentur kam zwar zunächst sehr kritisch rüber, zeigte dann aber auf, in welche Richtung sich Social Media entwickeln muss. Dass Social Media kein Selbstzweck sein darf und sich einem Mehrwertanspruch nicht entziehen kann, sondern zur Wertschöpfung in einem Unternehmen beitragen muss, wird sicher jeder Werbetreibende unterschreiben.
Plakativ formulierte er, dass man nur das bewerten könne, dessen Wert man auch kenne und ergänzte, dass Social Media ohne KPIs sinnlos sei. Er stellte einen von der Idee her recht interessanten Ansatz dar, der sich um die Zuweisung von (fiktiven) Werten zu Metriken wie Anzahl Kontakte oder Erwähnungen drehte. Entscheidend für den Erfolg dieses Ansatzes ist meiner Meinung nach die Identifikation plausibler Werte bzw. Faktoren, die nur im engen Kontakt mit dem Kunden erfolgen kann, wenn man nicht eine Pseudogenauigkeit vermitteln will, die letztlich nur Augenwischerei ist.
Der Trend zur Messbarkeit und damit auch zur Rechtfertigung von Maßnahmen wird davon unbenommen Einzug halten. Boris Wollny, explidos Head of Social Media Marketing, und sein Team können Sie zu diesem ganzen Themenkomplex ausführlich beraten und Ihnen das Potential der Medien aufzeigen und wie Sie Social Media für Ihre Ziele messbar nutzen können.
Mit Spannung erwarteten meine Kollegen Frank auf der Heide, Linda Heidkamp und ich den Vortrag von
André Morys, Web Arts, der mit unserem Kollegen Gabriel Beck, explidos Head of Conversion Optimization, die XING Gruppe „Conversion Optimization - Boost your Profit“
https://www.xing.com/net/conversion-optimization/ gegründet hat.
Quintessenz seines auch visuell sehr ansprechenden Vortrags ist aus meiner Warte, dass sich bei ihm die Erkenntnis durchsetzt, dass sein sehr kreativer Neuromarketing-Ansatz auch in der Darstellung mit harten Zahlen verknüpft sein muss, um den kritischen Marketer zu überzeugen.
Seinen Aufruf, quantitative Daten mit qualitativen Daten zu kombinieren, unterstrichen auch andere Referenten. Hier sei auf das Potential von Online Surveys verwiesen, das auch die oben erwähnte Vicky Brock hervorhob, weil Fragen nach dem Warum z.B. von Kaufabbrüchen ganz konkret erfragt werden.
Kommen Sie auf uns zu, wir beraten Sie offen zu den Möglichkeiten der erfolgsmaximierenden Verknüpfung von Web Analyse und Voice of Customer.
Anleihen machte André Morys, der zusammen mit
Claus Eulgem von Asstel seinen Vortrag hielt, bei der Pattern Recognition Forschung, um seiner These Ausdruck zu verleihen, wie einmal gesetzte (priming) Muster die weitere Wahrnehmung beeinflussen. Überzeugen Sie sich selbst:

Mit Umrandung kann’s jeder :-)

Quelle:
http://edlieze.blogspot.com/2010/06/pattern-behind-self-deception.html
Wir waren uns einig, dass der Besuch der eMetrics wie immer ein Gewinn ist nicht nur im Hinblick auf die überwiegend guten bis sehr guten Vorträge: Wir nutzten die Gelegenheit, in den Pausen mit Kollegen und Partnern aus der Branche die neusten Trends in kleiner Runde zu besprechen und freuen uns schon jetzt auf die eMetrics 2012.